Was lange währt...
... wird endlich gut.
Hallo miteinander,
Vor ziemlich genau einem Jahr habe ich mir die Stepcraft 420 bestellt... und gestern das erste sinnvolle Teil gefräst. Das wollte ich mal als Anlass nehmen, mich vorzustellen.
Warum's so lange gedauert hat? Nun, man sagt mir zwar sowieso nach, dass in der Zeit, die ich für ein Projekt brauche, andere Leute ihre Kinder groß ziehen. Aber diesmal klebte mir echt das Pech an den Händen.
Das erste Problem war der Zusammenbau. Die X-Achse wollte und wollte nicht laufen. Entweder sie klemmte oder sie hatte zu viel Spiel. Stundenlanges Ausrichten brachte nichts, meine extra angefertigten exentrischen Lagerbuchsen halfen nicht. Mein "Glanzstück" war das händische Richten der vermeitlich krummen Gewindespindeln. Ergebnis: vorher waren sie gerade, danach nicht mehr. Viele Flüche später hatte ich sie gottseidank wieder annähernd im Ausgangszustand. Das Freikratzen der Lagerbohrungen und nochmaliges Ausrichten führte dann zu einem halbwegs erträglichen Ergebnis. So ganz zufrieden bin ich aber immer noch nicht.
Bei Y- und Z- Achse waren Teile 48 und 50 Anlass für Unmut. Mit klopfendem Herzen (schließlich saß einem der Schreck mit den Gewindespindeln noch im Nacken) erst an den Messingrollen rumgeschmirgelt, weil ich dort einen Grat vermutete, dann an den Teilen selbst. Erst später erfuhr ich durch das Forum, dass ich mit dem Problem wohl nicht alleine war.
Nach mehrfachem Auseinander- und Zusammenbauen war die Fräse dann irgendwann fertig aufgebaut. Das war noch Spaß.
Nur wie ansteuern? Der dafür vorgesehene PC mit LinuxCNC versagte kläglich. Trotz sorgfältiger Auswahl (Rechner ohne(!) onBoard-Grafik) und vorheriger Latenzzeitmessung ruckten und stotterten die Motoren nur so vor sich hin. Verdammt! Alle anderen Rechner hatten keinen Parallelport mehr. Und eigentlich wollte ich so'n grauen Blechkasten auch gar nicht in der Werkstatt haben.
Also Laptop und USB. GRBL bot sich an. Das war kurz vorher in der c't und dann auch hier im Forum erwähnt worden. Flugs einen DIL MiniArduino geholt, eine Lochrasterplatine gebastelt, die anstelle des Parallelport-Moduls in den Slot passte, GRBL geflasht und... natürlich nichts. Die Pinbelegung des Arduinos war eine völlig andere als ich verstanden hatte. Also die ordentlich falsch verlegten Leitungen unordentlich in die richtige Reihenfolge gebracht und... immer noch nichts. Es stellte sich heraus, dass ich hatte eine Arduino-Bauart mit einer ungewöhnlichen CPU erwischt hatte. Die hatte zwar den USB-Port schon an Bord, brauchte aber eine Software-Bibliothek, um den anzusteuern. Nach viel Gesuche im Web eine GRBL-Version mit USB-Library zusammen gepappt. Jetzt drehten schon mal die Schrittmotoren. Wird schon.
Aber das Homing wollte so gar nicht funktionieren. GRBL kam mit den in Serie geschalteten Endschaltern nicht klar. Zum Glück hatte ein anderes Forumsmitglied das Problem schon gelöst. Um die entsprechenden Routinen gebettelt, neue Version zusammengebraut. Prima, geht.
Erste Testläufe führten zu einem sofortigen Entzug der Betriebserlaubnis seitens der zuständigen Immissionsschutzbeauftragten. Kategorisch. Nichts zu machen. (Und dabei war noch nicht mal eine Spindel drauf). Mir war's ja eigentlich auch zu laut. Also erst mal q&d eine Schallschluckhaube gebaut. Hausfriede gerettet.
Ach ja die Spindel. Die Proxxon hatte ich von Anfang an nicht so wirklich in Betracht gezogen. Aus anderen Foren wusste ich, dass die in einer CNC-Fräse relativ schnell das Zeitliche segnet. Die China-Spindeln waren mir zu groß, die HF-Spindel gab's noch nicht. Eine Brushless-Eigenbauspindel sollte es werden. Ließ sich ganz gut an, kam dann aber ins Stocken. Ich hatte zu große Lager gewählt, die bei der angedachten Drehzahl zu heiß wurden, die Ansteuerung pfiff (und pfeift heute noch), ein ausreichend starkes Netzteil wollte sich erst nicht so recht finden und dann nicht adäquat verpacken lassen, die Kabel flogen rum und soweiterundsofort. Irgendwann war dann doch die IBS da.
Dann die Software. Bisher hatte ich einige Testquadrate und -kreise per Hand in G-Code erzeugt und mit einem Terminalprogramm rübergebeamt. Nun sollte ein GCode-Sendeprogramm diesen Job erledigen. Als OpenSoure-Fan kam Windows-Software so gar nicht in Frage. Außerdem hätte ich erst eins kaufen müssen (Windows mein ich). Oh weh! Keins der Java-, Python- , native Linux oder sonstwie -Programme fand meine Zustimmung. Was mich genau störte, weiss ich nicht mehr, aber irgendwie waren die alle komisch. Das war dann langsam kein Spaß mehr.
CAM-Software, um aus CAD-Dateien G-Code zu erzeugen, ist unter Linux auch rar gesäht und dann nicht zu bedienen. Jedenfalls nicht von mir. Einiges ausprobiert, nichts gefiel. Ach männo.
Zu dem Zeitpunkt war mit der Elan so'n bisschen abhanden gekommen. Mal hier ein wenig an der Spindel rumgefrickelt, mal da ein Paar Gedanken an eine Beschreibungsspache zur Erzeugung von G-Code verschwendet. Vielleicht doch die HF-Spindel kaufen? So richtig Zug war nicht mehr drin.
Da kam James mit seinem Spindelkopf gerade recht. Zumindest das Spindel-Problem gelöst! Mit neuem Elan auf die Softwaresuche gemacht. So schlecht ist das GRBL-Steuerprogramm nun auch wieder nicht. Binary läuft nicht? Macht nichts, selber kompilieren ist sowieso besser. Die X- und Y- Tasten falsch angeordnet? Wenn man "links" drückt fährt der Kopf nach "hinten"? Nicht schlimm, daran gewöhnt man sich. Kann man später noch ändern, man hat ja den Source. Die Windows-CAM-Software läuft gottseidank unter wine. Prima, geht doch alles.
Die Fräse noch mal auseinandergenommen, ausgerichtet, sauber verdrahtet, Software neu installiert, mit dem Kästlegenerator ein Kästchen konstruiert und... tadaaa! ein fertig gefrästes Kunstwerk aus Pappelsperrholz. Ok, hat erst beim zweiten Versuch geklappt. Beim ersten stimmte die Z-Ausrichtung nicht. (Sch... Steuerprogramm). Aber was soll's? Gefräst ist gefräst.
Und jetzt sing ich nur noch: Das ist geil, das ist geil. Hurra, hurra, die Fräse rennt! (Auskenner der populären Musik wissen jetzt auch, wie alt ich ungefähr bin. Für die anderen steht's im Profil. Mein Geld verdien ich mit der Software-Entwicklung im embedded-Bereich. Das zu mir)
Also liebe Forenmitglieder: Wenn euch eure Steppi mal ärgern sollte, denkt an meine Odyssee. Dann geht's gleich viel leichter.
So, das war's.
Bis dann
Jürgen
hi jürgen, hallo und viel spass hier, geile story 🙂
Andreas
Moin Jürgen,
lebensnah und gut erzählt - dafür würdest Du auch 3 "Danke" von mir bekommen, wenn es ginge.
Habe die Fräse noch nicht ganz so lange und blicke noch nicht komplett durch. Manchmal gelingt mir ein "Bravourstück", dann hinwiederum scheitere ich manchmal an ganz simplen Selbstverständlichkeiten, für die ich mich nicht interessiert habe (weil unwichtig, wie ich meinte) oder die einfach nicht in meine Birne wollten.
Da ich durchaus mitteilsam bin, rutschen mir auch manchmal Klöpse raus, für die ich dann auch ordentlich was auf die Ohren krieg (und woran ich manchmal kräftig kauen muss), aber ...
...fräsen ist einfach geil (auch wenn ich schon ein ziemlich alter Sack (Rentner) bin, für den solche Ausdrücke eigentlich schon auf dem Index stehen).
Und deshalb mach´ich weiter - wie Du.
Gruss
Gruss Michael
begonnen mit 420/2, Alu-Fräse "KARLA" (noch im Bau)
EstlCam mit Arduino NANO, WinPC-NC USB
Kress, QCAD, Fusion 360, Inventor, Winghelper
Etwas trocken ... fehlen halt die Bilder 😆
Aber so ganz stimmig ist die Geschichte nicht! Wieso muss ein embedded SW Entwickler nach Sourcen fragen um das Homing anzupassen? Tztztz ... 😉
Wie dem auch sei, willkommen in Steppi-World! Hoffe wir müssen nicht bis nächstes Jahr warten bis wir von deinem nächsten umgesetzten Projekt hören. Was hast du mit der Steppi vor? Was bestimmtes oder ist es wie bei mir: es wird sich schon was finden!? :silly:
SC 420 mit DIY parallel + Proxxon mit Mod + HF500 + SprintLayout + LibreCAD/QCAD + FreeCAD +WinPC starter/USB->EstlCAM + EstlCAM LPTAdapter + EstlCAM Handrad + DIY Vakuumtisch
Gruß, Andreas
:whistle: Boah, ein Jahr ... das hätte ich nicht durchgestanden. Ein paar Schwierigkeiten mit der Z-Achse – und das kurz vor Weihnachten – haben mich schon ganz schön gequält. Außerdem hatte ich an den Feiertagen noch einen Serverumzug zu erledigen.
Daniel
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Servus Jürgen, nice Story... Willkommen hier bei uns 🙂
Viele Grüße,
Marcus
... Vor ziemlich genau einem Jahr habe ich mir die Stepcraft 420 bestellt... und gestern das erste sinnvolle Teil gefräst.
Gut Ding will Weile haben ...... :woohoo: herzlich willkommen im Forum! 😉
It's not only about tools it's also about skills! 😉
Aber so ganz stimmig ist die Geschichte nicht! Wieso muss ein embedded SW Entwickler nach Sourcen fragen um das Homing anzupassen? Tztztz ... 😉
Hm, ja. Ich muss zugeben, ich hatte zu der Zeit weder das Problem ganz verstanden noch die Software-Struktur durchdrungen. Als ich dann den Code hatte, war's natürlich klar. Wie immer: Wenn man weiß wie's geht, ist alles ganz einfach.
Was hast du mit der Steppi vor? Was bestimmtes oder ist es wie bei mir: es wird sich schon was finden!?
Letztendlicher Auslöser war der Wunsch, Frontplatten zu fräsen. Während der Aufbauzeit sind mir tausend Ideen gekommen, was ich denn alles fräsen könnte, wenn die Fräse denn mal fräsen könnte. :huh:
Im Augenblick sind so Schubladeneinsätze aus Schaumstoff geplant. Hab allerdings gemerkt, dass ich gar keinen Fräser habe, der tief genug fräsen kann. Mal sehen.
Hallo,
hier noch ein paar Bilder.
Die Fräse in ihrer Schutzhütte:
Geschlossen. Hässlich, ohne Fenster. Aber ich mag sie trotzdem. Demnächst kommt da noch 'ne WebCam rein. Dann kann ich vom Wohnzimmer aus zusehen 🙂
Die erwähnte Selbstbauspindel mit Hilfsaggregaten
Einzeln
und auseinander genommen
Der GRBL-Controller. Das ist nicht die erste Version mit der "falschen" CPU, sondern der zweite Versuch. Die neuste GRBL-Entwicklerversion braucht übrigens kein gepatchtes Homing mehr. Der schiefe Pfostenstecker ist für die Drehzahleinstellung der Spindel. Die musste ich allerdings wieder dranfrickeln. Hat noch die ungewöhnliche Eigenschaft bei einem Reset des Controllers auf volle Drehzahl zu gehen. Immer wieder sehr erheiternd.
Und hier an seinem Arbeitsplatz
Bis dann
Jürgen
Hm, in der Vorschau seh ich keine Bilder. Ich hoffe das klappt
Edit: Jupp, allerdings ist das erste auf dem Kopf. Das änder ich jetzt aber nicht mehr. (Eigentlich ne ganz gute Idee. Spart man sich die Absaugung)
Zum Thema LinuxCNC / CAD / CAM Softwarestack.
Ich verwende
* LibreCAD zum Zeichnen
* dxf2gcode um aus den CAD-Dateien G-Code zu erzeugen
* LinuxCNC zum ansteuern der Fräse
und bin damit danz zufrieden bis dato.
Bei LibreCAD und dxf2gcode hab ich sogar ein paar kleine Patches fabriziert, um mir das Leben leichter zu machen, nachdem du ja auch SW-Entwickler bist, wär das evtl. auch eine Variante ;-).
Nachzulesen ist die ganze Story in epischer Breite unter http://rlirc.blogspot.co.at/
Hallo,
Hab irgendwie deine Antwort nicht mitbekommen.
Dxf2GCode hatte ich mir angesehen, wurde aber nicht so recht warm damit. Jetzt mit mehr Erfahrung werde ich's mir nochmal ansehen. Vielen Dank.
Bis dann
Jürgen
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