Fragen eines angehenden Steppianers
Hallo,
bis meine Fräse irgendwann da, zusammengebaut und betriebsbereit ist, habe ich mir, als völliger Fräsneuling, schon mal ein paar Gedanken gemacht, wie ich grundsätzlich an die Erstellung der von mir benötigten Teile(Modelleisenbahnbau in H0) herangehen kann. Dazu habe ich schon einiges im Internet recherchiert, insbesondere auch hier im Forum. Nutzen möchte ich als CAM ESTLCam und als Fräse die bestellte 420er mit HF-Spindel.
Ich habe mir mal eine kleine Skizze gemacht, die verschiedene Fräsvarianten, die ich vermutlich benötigen werde, beinhaltet.
Wenn ich das skizzierte Bauteil aus 1,5 mm Polystyrol und mit einer Taschentiefe von 0,5 mm fräsen möchte, müsste ich doch theoretisch wie folgt vorgehen:
1. Tasche (blau) fräsen (Tiefe 0,5 mm) – dabei die Insel (grün) stehen lassen
2. Gravur (rot) innerhalb der Tasche durchführen (Frästiefe der Gravur soll z.B. 0,2 mm sein)
3. Ausschnitt und anschl. Kontur (beides schwarz)
Mir stellen sich dabei jetzt folgende Fragen:
1. Wenn ich die Tasche fräse, erhalte ich eine Eckenrundung in Größe des Fräserradiuses. Diese würde mir aber zu groß werden, wenn ich das Fräsen durch die Nutzung eines größeren Werkzeugdurchmessers beschleunigen möchte. Das bedeutet also, dass ich die Tasche mit einem Fräser erstellen müsste, der den gewünschten/benötigten Eckenradius liefert, was dann wiederum längere Fräszeiten bedeuten würde. Oder gibt es hier eine andere Möglichkeit? Evtl erst mit größerem Fräser die Fläche und dann die (Ecken-)Kontur evtl. noch mal mit einem kleinen Fräserdurchmesser? Wie würdet ihr hier vorgehen?
2. Ist es richtig, dass ich, wenn ich im CAM das Gravurwerkzeug (vermutlich ein Gravurstichel) für die rote Linie definiere, eine Zustellung von 0,52 mm einstellen muss, um die gewünschte Gravurtiefe von 0,2 mm zu erreichen, da sich die Gravur ja in der zuvor gefrästen 0,5mm-Tasche befindet?
3. Muss ich beim Durchfräsen die tatsächliche Materialstärke (also 1,5 mm) als Frästiefe angeben, oder eine Zugabe berücksichtigen (im Beispiel dann eine Frästiefe von z.B. 1,51 mm), um eine zuverlässige Durchfräsung zu erhalten? Wenn ich eine Zugabe brauche, wie groß sollte diese dann sein?
Wenn Ihr mir die vorstehenden Fragen beantworten könnt, dann kann ich mir evtl. vorab schon mal eine Übungsdatei erstellen, mit der ich mich dann in die Fräse einarbeiten kann.
Aber mir fällt da noch eine weitere Frage ein, die bei der Erstellung von Vorlagen nicht unerheblich ist. Wenn ich ein Modell baue und die gefrästen Platten stumpf aufeinander klebe, ergeben sich ja andere Maße für die Teile, als wenn ich die Ecken mit Gehrungen versehe. Auch wären Gehrungen besser, um ein Modell evtl. mal zu skalieren oder auf einer geänderten Materialstärke zu erstellen. Wenn ich mir also wieder meine oben angegebene Skizze nehme, müssten hier dann auf der Rückseite die entsprechenden Gehrungen erstellt werden. Dies dürfte aber mit der Fräse so nicht möglich sein, oder? Wie geht Ihr vor, wenn Ihr entsprechende Gehrungen erstellen müsst?
Fragen über Fragen. Aber ich mache mir halt schon vorab mal ein paar Gedanken, wie ich später mal zum Ziel kommen kann. Und ich glaube, dass bei Euch Experten genug Wissen vorhanden ist, von dem ein Neuling wie ich profitieren kann.
Schon mal vorab vielen Dank für Eure Unterstützung.
Ralf
CorelDraw X7, TurboCAD V.18 2D/3D (vorgesehen für die Erstellung von STL-Dateien) -> EstlCAM -> WinPC-NC USB Vollversion -> Stepcraft 420 mit Portalerhöhung, HF-Spindel 350 und 3D-Druckkopf
Vakuumtisch: VT3040 CNC-Plus
Hallo Ralf,
die Fräsreihenfolge würde ich genau so planen, wie du sie beschrieben hast. Sicher gibt es hier Variationen,
aber ich arbeite immer "von innen nach außen", also zuerst Bohrungen, Ausschnitte etc und auf jeden Fall
erst zum Schluß das Trennen des Bauteils aus dem Material.
Punkt 1 du wirst immer wieder auf die Situationen treffen, dass hohe Präzision und Geschwindigkeit sich in gewisser
Weise gegenseitig ausschließen. Größerer Fräser bdeutet natürlich schnelleres Fräsen, aber je nachdem wie fein
deine Konturen sein sollen, auch mehr Nacharbeit und natürlich umgekehrt.
Da ich im Modellbau keine Massenproduktion betreibe, ist Zeit für mich der unwesentlichere Faktor, also kleinere
Fräser, höhrere Präzision, weniger Nacharbeit (ein 0,6mm Fräser schafft die Ecke besser als ich mit einer Feile :blush: )
Punkt 2 das ist so richtig. Die Frage ist aber, ob du in der Tasche die Z-Achse neu einmisst, um wirklich sicher
auf die 0,2mm zu kommen. Die Präzision hängt da stark vom Gesamtsystem ab.
Punkt 3 lässt sich m. E. so nicht beantworten. Das solltest du dann auf deiner Maschine ausprobieren,
was am effektivsten ist. Ich gehe lieber etwas mehr auf Sicherheit und eher mal ein Zehntel in die Opferplatte,
als (wie schon geschehen) eine komplette GFK-Platte nacharbeiten zu müssen.
Gehrungen sind in der Tat eine Herausforderung. Ich umgehe das, indem ich verzapfe, was den Teilen zusätzlich
noch höhere Stabilität verleiht.
Gruß Lothar
Hallo Ralf,
im Prinzip wäre dein Vorgehen richtig. Im Prinzip kann man mit einem größeren Fräser vorfräsen und die Kontur mit einem dünneren nacharbeiten, ein WL-Sensor ist hier für die genaue Z-Justierung hilfreich.
Aber verrate uns erst einmal welches CAM und was für eine Fräsensteuerung du verwendest, denn je nach Software gibt es hier noch Variationen.
Beim Durchfräsen sollte man schon 2/10 bis 3/10 mm zugeben, so dass die Teile auch an allen Stellen sauber getrennt sind. Eine Verschleißplatte unter dem zu fräsenden Teil ist hier notwendig.
Beim Gravieren ist eine Tiefe von 0,7 mm (0,5 + 0,2) richtig, wenn du den Z-Nullpunkt auf die ursprüngliche Werkstückoberfläche legst.
Gehrungen könntst du z.B. mit einem 90° Stichel auf der Rückseite fräsen (eigener Arbeitsgang, genaues Ausrichten erforderlich). Hierfür gibt es auch "Kistenstichel" (92°) mit denen du die Platte fast durchfräst und dann die Platte an den Fräskanten um 90° knicken kannst.
Gruß
Helmut
Hallo Ralf,
Herzlich willkommen!
Irgendwie höre ich aus deinen Ausführungen heraus, das du ein Tüftler und ein Perfektionist bist.
Das gefällt mir wesentlich besser, als einfach so nur drauflos zu fräsen.
Aber nun zum Thema:
Vielleicht könntest du mal ausprobieren, wenn du unbedingt Gehrungen brauchst, sie mit Graviersticheln zu erstellen. Für die 45° Gehrung brauchst du dann natürlich den 90°-Stichel, am besten mit spiralförmiger Nut.
Für 6-eckige Teile käme dann der 60°-Stichel zum Einsatz.
Dazu muss aber die Auflagefläche absolut plan sein und das Werkstück überall plan und fest aufliegen.
Bei nicht zylinderförmigen Fräsern, was ja halt Gravierstichel sind, sind plane Flächen das oberste Gebot.
Ich selbst fräse mit diesen Sticheln Platinenlayouts.
Freue mich auf deine Erfahrungen.
Viele Grüße
Torsten
Haha, 2 Antworten zur gleichen Zeit können schon mal gleiche Antworten enthalten 😆
Hallo,
zunächst einmal Danke für Eure schnellen Antworten. Diese haben mir jetzt schon weiter geholfen. Zumindest weiß ich jetzt, dass meine Ansätze schon mal prinzipiell richtig sind.
@Helmut
Du hast mich auf einen Fehler aufmerksam gemacht. Natürlich muss die Zustellung beim Gravurvorgang 0,7 mm und nicht 0,52 mm sein. Da bin ich wohl irgendwo durcheinander gekommen, wie ich heute morgen den Text geschrieben habe.
Wie oben gesagt, möchte ich ESTLCam verwenden. Als Steuersoftware werde ich WinPC-NC USB in der Vollversion nutzen.
@Torsten
Ein Tüftler oder Perfektionist bin ich eigentlich nicht. Aber wenn ich bestimmte Vorhaben umsetzen möchte, brauche ich halt ein paar Grundlagen. Und beim Bau von 1/87 Gebäuden oder Fahrzeugen (z.B. Feuerwehr-Abrollcontainer) sind halt gewisse Arbeiten erforderlich, um ein stimmiges Bild zu erzeugen. Andere Thematiken bestimmen dann die Art, wie die Vorlagen erstellt werden müssen. Wenn ich mit Gehrungen arbeiten sollte, haben die einzelnen Wände andere Maße, als wenn ich stumpf verklebe oder verzahne. Da die Vorlage am Anfang steht, sollte diese natürlich schon korrekt erstellt werden, sonst passt später nichts. Das auch schon bei einer einfachen Kiste und nicht erst bei einem komplexen Modell. Darum meine Fragen im Vorfeld.
@Alle
Das Gehrungen problematisch sind, sagt ihr ja alle. Das hatte ich mir auch schon gedacht. Mal schauen, wie ich daran gehen werde. Das Umdrehen und Neuausrichten der ausgeschnittenen Bauteile dürfte ja vermutlich sehr schwer werden, da die Teile teilweise auch relativ klein sind. Aber vielleicht kommt ja noch der ultimative Tipp, der uns allen weiter helfen wird.
Also noch einmal Danke
Ralf
CorelDraw X7, TurboCAD V.18 2D/3D (vorgesehen für die Erstellung von STL-Dateien) -> EstlCAM -> WinPC-NC USB Vollversion -> Stepcraft 420 mit Portalerhöhung, HF-Spindel 350 und 3D-Druckkopf
Vakuumtisch: VT3040 CNC-Plus
Die 2-Seitenbearbeitung ist eigentlich ganz einfach:
Im ersten Schritt verzichtest Du auf Deinen 3. Schritt und setzt stattdessen nur 2 Bohrungen. In Deinem Fall würde ich die im Bereich Deines Ausschnittes setzen. Eine der Bohrungen solltest Du als Deine Werkstück-NULL definieren.
Im 2. Schritt setzt Du in Deine Opferplatte 2 Stifte mit den Bohrungskoordinaten. Mit den Stiften nimmst Du nun das Teil exakt rückseitig auf. Anschließend führst Du Deinen Schritt 3 aus, um die Gehrung zu erhalten.
Du kannst die Stifte natürlich auch an einer x-beliebigen Stelle außerhalb des Teiles setzen, ist immer nur die Frage, wo und wie Du spannen willst/musst.
Gruß
Wolf
zu punkt 2 hier würde ich 0,7mm tiefe wählen 0,5+0,2mm bei 0,52mm hättest du nur eine Gravur tiefe von 2 hundertstel mm. punkt 2 ich würde beim durchfräsen mindesten 0,3 mm tiefer gehen bei nur 1/100 mm kannst du nie sicher sein dass du auch durchfräst so genau ist dein Frästisch nicht und das material wird auch etwas in der materialstärke vareieren
@Josch1204,
das mit den 0,52 bzw. 7 mm hatte ich zwei Einträge weiter oben schon korrigiert. Den ersten Eintrag mit dem Fehler kann ich ja leider nicht mehr korrigieren.
@eon16
Das mit den Referenzbohrungen und den Stiften muss ich mir mal durch den Kopf gehen lassen. Im Modell würde ja nur gehen, wenn dort eine Aussparrung wäre. Daher wohl eher außerhalb.
Jetzt habe ich aber ein Problem, wenn das auszufräsende Teil nicht symmetrisch ist. Oder wie sag ich dem Programm, dass es nach dem Umdrehen der Platte spiegelbildlich weiter fräsen muss? Sonst würde es ja nicht passen. Oder habe ich jetzt einen Denkfehler
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Variante 1: 2. Programm aus spiegelbildlicher Zeichnung für die 2. Seite erstellen
Variante 2: entsprechende Fräswege in Estlcam spiegeln (ob und wie dass funktioniert habe ich jedoch noch nicht probiert)
Gruß
Wolf
@Alle
Das Gehrungen problematisch sind, sagt ihr ja alle. Das hatte ich mir auch schon gedacht. Mal schauen, wie ich daran gehen werde. Das Umdrehen und Neuausrichten der ausgeschnittenen Bauteile dürfte ja vermutlich sehr schwer werden, da die Teile teilweise auch relativ klein sind. Aber vielleicht kommt ja noch der ultimative Tipp, der uns allen weiter helfen wird.Ralf
moin ralf,
das mit dem ausrichten kann eigentlich nicht so schwer sein, wenn du wie beim fräsen von dopppelseitigen platinen vorgehst:
- bohrungen auf erster frässeite für die positionierung setzen, natürlich ausserhalb deines teils.
- teil wenden, und über stifte in den oben erstellten bohrungen "genau" ausrichten.
du brauchst dafür natürlich ne fräs/opferunterlage, in die man entsprechend tiefe bohrungen einbringen kann.
Andreas
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